Farbstiche identifizieren

  • Ich hab mal versucht ein paar Dinge aufzuschreiben, die ich mir in den letzten Monaten zu diesem Thema angelesen habe:


    1. Hilfsmittel
    1.1 Visuell.
    In der Regel nur bei groben Stichen möglich. Schwierigkeiten ergeben sich aufgrund mangelnder Farbsichtigkeit des Betrachters (circa 8% der männlichen Bevölkerung leiden unter Magenta-Grün Farbschwäche) und fehlender oder falscher Kalibrierung des Monitors. Lassen sich die RGB Kanäle als Graustufenbilder darstellen, kann ein Vergleich der Kanäle einen Hinweis auf eine Farbstichigkeit geben: Dort wo ein Objekt neutral sein sollte (weiß, grau, schwarz) müssten alle drei Kanäle gleich hell sein. Ansonsten gilt: Rot-, Grün-, Blaustich bedeutet, dass der gleichnamige Kanal im Vergleich zu den beiden anderen zu hell ist. Ist einer der Kanäle zu dunkel ergeben sich folgende Farbstiche: zu dunkler Blaukanal impliziert Gelbstich, Rotkanal: Blaugrünstich und Grünkanal Violettstich.


    1.2 Zahlen
    Neutrale Werte sind im RGB Farbraum durch gleichlautende Zahlen in allen drei Kanälen gekennzeichnet. Z.B. (27, 27, 27). Im LAB Farbraum sind die Werte für den A Kanal (Magenta/Grünkanal) und den B Kanal (Gelb/Blaukanal) gleich Null. Die Werte der Punkte auf denen sich der Cursor befindet, können bei Photoshop in der Infopalette abgelesen werden. Auch wenn sich das Bild in einem Farbraum befindet, kann die Infopalette so eingestellt werden, dass gleichzeitig Farbwerte aus einem anderen Farbraum dargestellt werden. Mit dem Farbaufnehmer können in Photoshop derzeit bis zu vier Punkte gleichzeitig dargestellt werden. Bei Farbmanipulationen kann man so erkennen, welche Veränderungen man im Bild erzeugt. Die Pixelgröße für den Farbaufnehmer sollte auf mindestens 3*3 eingestellt werden. Möchte man für einen Bereich z.B. eine Grasfläche einen Gesamtwert erhalten kann man diesen Bereich auch eine Auswahl machen und einen Durchschnittswert erhalten.


    Die zwei LAB Werte für die Farben eignen sich hervorragend um Farbstiche zu erkennen. Merke: Positive Werte im A und B-Kanal ergeben die warmen Farben Magenta (A-Kanal) und Gelb (B-Kanal). Negative Werte im A und B-Kanal ergeben die kalten Farben Grün (A-Kanal) und Blau (B-Kanal).


    Auch wenn das Bild keine neutralen Objekte enthält, also kein weißes Papier, Schnee, Kohlen oder die bei professionellen Katalogfotografen beliebte Graukarte und die LAB Werte deshalb in keinem Bereich 0,0 sein können – müssen die Werte von bestimmten Objekten in eine bestimmte Richtung gehen, um als farbrichtig dargestellt durchzugehen.


    Vorsicht bei bestimmten Objekten bestimmte Werte zu erwarten. Z.B. könnte eine Wand, die man für Weiß hält, nikotinvergilbt sein – der B Kanalwert wäre dann nicht bei Null sondern leicht positiv. Ein „schwarzer“ Anzug könnte auch dunkelblau sein.


    Insbesondere bei Digitalbildern oder bei Mischlicht kann ein Foto auch ganz unterschiedliche Farbstiche enthalten.


    2. Die zu erwartenden Zahlen
    Hinweis: Meine Ausführungen beziehen sich hier zunächst nur auf LAB-Werte. Allerdings besteht bei den LAB Werten das Problem, dass richtige und falsche Zahlen viel näher zusammenliegen, als im RGB Farbraum.


    2.1 Himmel und Wolken
    Beim „blauen“ Himmel sollte A-Kanal nahe Null (+/- 5) und im B-Kanal deutlich negativ (< -20) sein. Wolken können zwar den Himmel reflektieren, sie sollten aber gegen 0 gehen um weiß zu sein und wenn sie wirklich den Himmel reflektieren, dann müssen sie das Kanalverhältnis im Himmel wiedergeben.


    2.2 Haut und Haare
    Alle menschlichen Gesichter sind rot (d.h. a-positiv) und gelb (d.h. b-positiv). Werte ungefähr von 10 bis 30. Mit Ausnahme von Babies und ganz hellhäutigen (blauäugigen Blondinen) Personen muss der B-Kanal geringfügig positiver sein. Beim Messen der Haut unbedingt beachten, dass Frauen gerne Make-up auftragen.


    Haar: wenn nicht blau oder grün gefärbt, darf weder im A- noch B-Kanal negativ sein.
    Schwarzes, graues, weißes Haar: beide Kanäle nahe Null.
    Blondes Haar: stark positiver B-Kanal (> 25) plus A-Kanal nahe Null (< 5).
    Rotes Haar: stark positiver A- und B-Kanal. Selbst wenn „rotes“ Haar: B-Kanal muss positiver als A-Kanal sein.
    Braunes Haar: A-Kanal leicht positiv (>10). B-Kanal muss deutlich positiver sein.


    2.3 Blätter und Gras
    Der A Kanal sollte deutlich negativ sein (circa – 25 bis - 15). Der B Kanal sollte gelber als der Grünkanal sein. Rasen dürfte zu gelb sein wenn der absolute Wert im B Kanal größer als die Addition vom A Wert und halben A Wert wird. (z.B. statt (–15, + 22) (-15, + 30).



    3. Sonstiges


    Die Farbwerte eines Objektes können natürlich auch aus einem Bild übernommen werden, welches bei gleichen Lichtverhältnissen aufgenommen wurde

  • Mir würde schon mal weiterhelfen zu wissen ob die A- und B-Kanäle auch so in der Software genannt werden oder auch mal andere Begriffe dafür auftauchen können.


    Und, vielleicht ein eigenes Thema, wie Kalibriert man am besten Monitor, Scanner und Drucker aufeinander ab? Gibt es da Hilfsmittel und wo?

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  • 1. Um Farben am Monitor visuell richtig einschätzen zu können, braucht man zweierlei: a) die Fähigkeit Farben richtig wahrnehmen zu können und b) einen kalibrierten Monitor. Softwarelösungen scheitern bei mir an a) und halte ich für ziemlich umständlich. An Hardwarelösungen für den Monitor sind zu empfehlen "Huey" und "Spyder" – beide unter 90 €. Da sich die Farbdarstellung des Monitors im Lauf seiner Betriebszeit ändert, muß man davon ausgehen, die Kalibrierung regelmäßig, d.h. alle zwei Monate zu wiederholen. Scannerkalibrierung kann man mit einer Vorlage machen. Druckerkalibrierung kann man als Privatanwender vergessen, da man hierfür spezielle Gerätschaften braucht und das Ergebnis letztlich immer vom Papier und den Druckerfarben abhängt.


    2. Die wichtigsten Farbräume sind RGB, CMYK und LAB. Den LAB Farbraum beherrschen leider nur wenige Bildbearbeitungsprogramme (ab 70 € aufwärts). Verwendet werden hier 3 Kanäle: L = Luminanz (Helligkeit, Kontrast), A = Magenta(+)/Grün(-) und B = Gelb (+)/Blau (-). Die Verwendung des LAB Farbraums hat einige Vorteile aber auch Gefahren. Empfehlenswert sind hierzu die Photoshop Bücher von Dan Margulis.


    3. Ob Objekte in einem Bild wirklich neutral sind, läßt sich am einfachsten mit den LAB-Werten (selbst für einen Farbenblinden auf einem defekten Monitor) bestimmen: Die A- und B-Werte sollten bei 0 liegen. Anknüpfungspunkte für die Beurteilung sind z.B. schwarze Autoreifen, weiße,graue schwarze Haare etc. Außerdem kann man davon ausgehen, dass bestimmte Farbwerte in einem Bild eigentlich nicht vorkommen sollten: Haare und Haut sind z.B. nur wenn gefärbt grün oder blau.

  • Ich dachte da so an die Richtung dass man von irgendwo eine Farbtabelle o.ä. auf Papier / Karton / Plast beziehen kann und diese auch irgendwo im Net laden kann. Diese beiden dann über die Monitorkalibrierung abgleichen.
    Wenn der Monitor dann richtig anzeigt solde es mit eingescannten Bildern kein Prob sein den Scanner zu kalibrieren.


    Läuft die Hardwarelösung in diese Richtung?

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  • Um das Thema zu veranschaulichen, einige Bilder:
    Bild 1: Orginal JPEG mit eingestelltem automatischen Weißabgleich. Beleuchtung Neonlicht in der BUGA. Visuell offensichtlich: der starke Gelb/Rotstich

  • Jpeg aus Camera Raw 4.2 mit automatischem Weißabgleich. Die Pappe im Zentrum müßte neutral sein. Die durchschnittlichen LAB Werte für die A- und B-Kanäle sind links: 1, -11 und rechts 7, - 12. Diese Werte weisen einen Blaustich nach, der bei der dunkleren Pappe zu Violett tendiert.

  • Die Orginal JPEG Datei in Photoshop mit der Autotonwertkorrektur bearbeitet. Die Werte links: 4,-17 und rechts 8,0. Auch hier also der Hinweis auf einen Farbstich.

  • Eine Bearbeitung mit einer Kanalüberblendung in RGB, Bearbeitung der Graduationskurven in LAB und anschließender Schärfung des L-Kanals. Die LAB Werte sind links -2,3 d,h. eine leichte Gelb/Grünfärbung, die vermutlich auf die Lichtreflektion der grünen Äpfel zurückzuführen ist und rechts 2, 1.
    Natürlich bedeutet die Einstellung der Farbwerte auf die angenommenen Neutralwerte nicht, dass die Farben der Äpfel richtig wiedergegeben werden. Auch sind mir die grünen Äpfel zu hell und die roten Äpfel zu dunkel – aber ich denke man sieht doch recht deutlich die Überlegenheit meiner Farbkorrektur gegenüber den Automatismen meiner Kamera bzw. Photoshop.
    Anmerken muß ich noch, dass ich unter einer Rot-/Grünschwäche leide und bei einer Korrektur dieses Bildes auf die Zahlenwerte angewiesen bin.


    Und Hardwarekalibration ist ein anderes Thema. Hierfür bitte einen eigenen thread aufmachen 8)