OTZ vom 18.06.08:
Hotelräume in die Luft gezeichnet
ZitatAlles anzeigenVerpackte Weihnachtsbäume, Spiegel, Regale, Kartons - das Erdgeschoss im ehemaligen Horten Kaufhaus auf der Geraer Sorge ist ein Lager. Kaum vorstellbar, dass hier Ende September Leben einziehen soll. Aber wie schon vor drei Jahren wird es so werden. Diejenigen, die damals das "Hotel Sorge" erlebten, wissen, dass die TheaterFabrik von Theater&Philharmonie Thüringen mit ihrem neuesten Kunstprojekt "Hotel Subbotnik" das alte Haus verzaubern wird.
Auch wenn das Thema eher spröde und alltäglich scheint: Arbeit. "Akademie für angewandtes Leben", nennen die jungen Akteure ihr Zwei-Wochen-Weiterbildung für alternative Arbeit- und Freizeitgestaltung, bei der die Geraer Bevölkerung aktiv mit einbezogen wird. Institutionen und Vereine werden im Herbst mit ungewohnten Arbeits-, Freizeit- und Lebenskonzepten experimentieren. Etwa 33 Projekte werden im Hotel Subbotnik Raum finden, ist Sinje Homann, Leiterin der TheaterFabrik, sicher - auch wenn sich zur letzten Akteursbesprechung und Raumverteilung nur drei Vertreter einfinden. Die aber haben den Vorteil, die ersten bei der Verteilung der Räume zu sein. Beim Rundgang durch das Kaufhausgebäude und den Verwaltungstrakt kann Sinje Homann nur mit Handbewegungen in die Luft die künftige Aufteilungen andeuten. Über drei, vier Etagen bis zur Kantine und dem ehemaligen Seminarraum des Kaufhauses in charmanter DDR-Beleuchtung und warmer Pressspanverkleidung stehen den Subbotnikern zur Verfügung.
Auf der Suche nach dem richtigen Aktionsort hatte die TheaterFabrik-Chefin 14 Objekte angefragt. Manches blieb unbeantwortet, verlief sich im Nirgendwo. Der heimliche Favorit, das ehemalige Reussische Regierungsgebäude, schied aus bei näherem Anschauen. "Meterhoher Schutt, Löcher in den Decken", sagt sie. Im Horten-Kaufhaus stimmen die Bedingungen, wenngleich die Vorstellungen von Theaterraum, Hotelempfang noch nicht recht kommen wollen. Man müsse alles abtrennen, verkleinern, meint Sinje Homann. Wie, weiß sie noch nicht genau. Aber beim Hotel Sorge hätten sie die Erfahrung gemacht, dass die Besucher eher von solcher Größe abgeschreckt werden.
Dabei soll das künftige Hotel Subbotnik Besucher anziehen. Im Erdgeschoss wird dazu eine große Bühne gebaut für Inszenierungen. An einzelnen Stationen gibt es Workshops, Ausstellungen, Performances. Auch die Schaufenster dürften zu Hoteleröffnung alle belegt sein. In einem findet das Café seinen Platz zum Hinaus- und Hineinschauen. Katrin Grünwald-Delitz hat gleich mehrere Orte im riesigen Areal für sich okkupiert. Für ihr Planspiel zur Bürokratie braucht sie Parcours ähnliche Zustände, um die Hürden des Ämterdurchlaufs erlebbar zu machen. Die Idee stammt übrigens aus einer Sammlung der Fabrik unter dem Titel "Hüte, die man sich aufsetzen kann". Das Lichtbildkombinat wird seine Fotoaufnahmen eher im Verkaufsareal machen. Ob es das Schlüpfen in den Traumberuf via Kostüm oder via Werkzeug ist, sei noch nicht klar, so Florian Szillat. Auch die Otegau arbeitet bereits an einem Projekt. Erste Gedanken zur Vision Schule liegen auf Zeichenblättern auf dem Boden des ehemaligen Seminarraumes. Noch sind es keine Visionen, die Jugendlichen haben ihre Vorstellung von Schule-heute mitgeteilt: Sicherheit, Unterricht, Lehrer. Eine erste Diskussion entsteht darüber, wie man das Thema weitertreibt. Die Gedanken fliegen lassen über das, was Schule sein könnte - bis hin zum Klassenraum mit Kissen und Lava-Lampe.
Und da sind die Akteure schon mittendrin in der Arbeit, mittendrin im Hotel Subbotnik...
Jetzt bin ich neugierig...