Fotorecht grotesk

  • Aus einer aktuellen Mitteilung der Rechtsanwälte in Sozietät Zorn Reich Wypchol aus Gießen:


    Notwehrrecht gegen ungewolltes Fotografieren, Medienrecht aktuell, Assessor Dominic Döring, Gießen informiert: Handgreiflichkeiten sind zum Teil erlaubt


    21.04.2008


    Wird eine Person durch Fotografieren in ihrem Persönlichkeitsrecht verletzt, kann sie sich mit Notwehr dagegen zur Wehr setzen. Dieses Recht zur Abwehr folgt aus einer Vielzahl einzelner Vorschriften.
    Die fotografierte Person darf auch zur Verhinderung von weiteren Aufnahmen oder der ersten Aufnahme überhaupt handgreiflich werden und die Herausgabe des Films, heutzutage auch der Speicherkarte, verlangen.
    Die Gewalt darf dabei aber nicht so weit gehen, dass die Kamera zu Bruch geht, das wäre in den meisten Fällen nicht verhältnismäßig.
    Die Voraussetzungen für eine solche Notwehr sind im Einzelnen:
    - die Kenntnis des Betroffenen von der unzulässigen Veröffentlichung
    - die Veröffentlichung muss unmittelbar bevorstehen
    - eine andere, rechtzeitige Hilfe ist nicht zu bekommen (z.B. Polizei, Rechtsanwalt)
    Die Aufnahmen dürfen anschließend herausverlangt und zerstört, respektive gelöscht werden. So erlaubt es dann das Selbsthilfe-Recht aus §§ 229 BGB, selbst wenn nur das Persönlichkeitsrecht betroffen ist.
    Doch Vorsicht! Wer sich irrt, riskiert, sich schadensersatzpflichtig zu machen.
    Das kann passieren, wenn Personen nur als Beiwerke in Bildern erscheinen oder nicht genau zu erkennen sind.
    Es gilt also, stets besonnen zu reagieren und selbst abzuschätzen, wie deutlich man selbst auf der Aufnahme zu erkennen sein wird. Eine sicherlich schwierige Situation.
    In besonders argen Fällen, also wenn die Intimsphäre gestört wird, liegt der Fall natürlich etwas anders. Hier liegt möglicherweise eine Straftat vor. Im Zeitalter von Handys und globaler Kommunikation ist es ein leichtes, Fotos bei jeder Gelegenheit anzufertigen und in der virtuellen Welt zu verteilen.
    Aufnahmen von Spannern und Paparazzi aus Umkleidekabinen, Solarien oder Schlafzimmern will nun der Gesetzgeber mit einem recht neuen Paragrafen verhindern, und zwar § 201a StGB.
    Gegen ein solches Handeln helfen auch wieder die Notwehr und natürlich die Strafanzeige, wenn man die heimliche Aufnahme entdeckt.


    Originaltext von: http://www.anwaelte-giessen.de/aktuelles.php

  • Hm, grotesk finde ich das nicht, sondern verständlich. Ich bin kein Rechtsexperte. Mein Rechtsempfinden sagt mir allerdings, dass ich meine Rechte verteidigen darf (wie erwähnt: Verhältnismäßigkeit beachten). Außerdem ist zu beachten, dass in dem Artikel von einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts und Veröffentlichung ausgegangen wird. Und das ist ja normalerweise nicht der Fall. Entscheidend wäre hier eine Erklärung zum Persönlichkeitsrecht.


    Der Artikel könnte auch falsch aufgefasst werden: Touristen vorm Florenzer Dom verwandeln sich in Schläger und Fussballfans verprügeln Fotografen, die am Spielfeldrand arbeiten...


    Hans

  • Na aber bitte, wo soll das hinführen?


    "Herausgabe der Speicherkarte"- 4 GB Microdrive Wer ersetzt die? Da gehts schon weiter.


    Zitat

    Die Voraussetzungen für eine solche Notwehr sind im Einzelnen:
    - die Kenntnis des Betroffenen von der unzulässigen Veröffentlichung
    - die Veröffentlichung muss unmittelbar bevorstehen
    - eine andere, rechtzeitige Hilfe ist nicht zu bekommen (z.B. Polizei, Rechtsanwalt)


    Wenn ich also heute auf der Sorge in Gera fotografieren und zwangsläufig Personen mit ablichte, weil ich vielleicht das Thema Straßenfotografie mal aufgreifen möchte, habe ich zwei Möglichkeiten:
    1. Ein großes Schild aufstellen ("Achtung, sie kommen ins Internet!") oder
    2. Riskieren das meine Speicherkarten über den Jordan gehen, weil ja die Staatsdiener nicht ständig anwesend sind...


    Was für eine verwirrte Welt.

  • Meine Einstellung, die nicht weit von der Rechtsprechung entfernt sein sollte:


    ==>> Es ist ein Muss, vor der Veröffentlichung das Einvernehmen zu erfragen (Ausnahmen im Gesetzestext).


    ==>> Es gehört zum guten Ton, vor dem Fotografieren fragen.



    Wenn Dir einer aufs Maul haut und Deine Speicherkarte durchs Klo schickt, weil Du ihn vielleicht auf der Sorge geknipst hast und weil möglicherweise-eventuell-vielleicht-kannjasein die Bilder veröffentlicht werden, dann hat dieser Mensch mit Ärger zu rechnen. Seine Reaktion war nämlich nicht verhältnismäßig.

  • Das Problem sind weniger die Leute bei solchen Aufnahmen selbst - das Problem sind heute Rechtsanwälte, die auf Grund einer Rechtslage nur einfach Geld verdienen wollen, ohne das eine direkte oder gar indirekte Schädigung vorliegt.
    Das passiert in vielen Bereichen, eines der "Hauptwerkzeuge" sind die sogenannten Abmahnungen. Diese wiederrum selbst sind nebensächlich, sondern die darauf folgende Rechnung mit dem verbundenem Rechtsstreit.
    Eine Masche , mit der einige Rechtsanwälte schön Geld verdienen.

  • Wenn auf dem Bild eindeutig zu erkennen ist,dass die Menschen ein unvermeidliches Beiwerk sind, braucht man mit keiner Anklage zu rechnen. Dies gilt insbesondere dann,wenn man auf öffentlichen Veranstaltungen fotografiert oder in gastwirtschaftlichen Location,in denen die Gäste ausdrücklich darauf hingewiesen werden.

  • Ich habe die Diskussion mal verfolgt und muss sagen das es recht interessant ist nachzulesen was gewisse Leute vorhaben.
    Also grundsätzlich hat jeder Mensch das Recht am eigenen Bild, er kann in Verhätnismäßigkeit durchsetzen das dieses Bild nicht veröffentlicht wird, wobei kaum ein normal denkender Mensch das vor dem Gericht klären bzw. Dir die Speicherkarte wegnehmen wird.
    Was wäre denn sonst mit der Streetfotografie ?!? Die müßte dann ja wohl am Rande der Illegalität sein.


    Das mit dem Verbot zum Ablichten ganz normaler Sehenswürdigkeiten sehe ich ganz entspannt, das wird einem keiner verbieten können.
    Kommt noch soweit, dass man Sauerstoff kaufen muss um atmen zu dürfen. :o)